Die “Bilateralen” sind einfach aus dem Initiativ-Text davon gelaufen*
Bestürzung in der SVP-Zentrale: Über Nacht hat sich das Wort “Bilaterale” aus dem Initiativ-Text zur Kündigungsinitiative geschlichen und ist unauffindbar.
“Wie konnte das geschehen?” Albert Rösti ist fassungslos und schaut zum hundertsten Mal unter seinen Schreibtisch. Hat sich das Wort “Bilaterale” nicht vielleicht doch dort versteckt? Die Hilfsschreibkraft Roger Köppel reibt sich derweil nervös die Brille, unbändig hoffend, er habe das Wort einfach überlesen und es stehe genau noch dort, wo es stehen sollte und am Abend zuvor auch noch fröhlich und ehrlich prangte: Im Initiativtext der Kündigungsiniative zur Personenfreizügigkeit.
Die Aufregung ist verständlich. “Monatelange, akribische Arbeit ist jetzt wohl zunichte”, klagt Initiativ-Architekt Caspar Baader. Tag um Tag hätten sie darauf hingearbeitet, einen glasklaren und ehrlichen Initiativtext zu verfassen. Der Schweizer Bevölkerung sollte endlich reinen Wein eingeschenkt werden – und nach mühsamer Arbeit resultierten folgende Zeilen: “Der Bundesrat wird verpflichtet, die sieben Verträge zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft vom 21. Juni 1999 (Bilaterale I) innert zweier Jahre nach Annahme dieses Artikels zu kündigen.”
Konkret ging es der SVP darum, aufzuzeigen, dass man, um die Personenfreizügigkeit zu kündigen, alle sieben Verträge der Bilateralen 1 kündigen muss. Denn die Verträge sind mit einer sogenannten Guillotine-Klausel verbunden: Fällt ein Vertrag, fallen alle. Auch Thomas Minder, der im Rahmen eines Weiterbildungsprogramms für Parteilose im Büro der Volkspartei zugegen ist, stimmt dem zu: “Die Guillotineklausel ist Realität. Wir können sie ja nicht einfach abschaffen, nur weil sie uns nicht passt, diese Klausel.”
Köppel, Baader, Rösti und Minder zeigen sich einig: Die Personenfreizügigkeit gehört abgeschafft. Aber korrekt und mit ihr dann halt gleich auch die gesamten Bilateralen 1. Und der Stimmbürger soll sich dem auch ganz klar bewusst sein. Umso ärgerlicher empfindet es Rösti, dass sich die Bilateralen einfach davon geschlichen haben und klagt: “Nun meinen bestimmt alle wieder, wir würden wieder denselben Trick wie bei der Massenweinwanderungsinitiative (MEI) anwenden.” (Anm. der Redaktion: 2014 behauptete die SVP, die Schweiz könnte Kontingente einführen, ohne die Personenfreizügigkeit - und mit ihr alle Bilateralen I - zu kündigen)
Wieso trotz all den Bemühungen das Wort “Bilaterale” nun über Nacht dennoch wieder aus dem Text gehüpft ist, dafür findet niemand eine Erklärung. Von Entführung sprechen die einen, von Fahnenflucht die anderen. Nach stundenlanger Suche musste nun der Initiativ-Text ohne das B-Wort veröffentlicht werden. Bis nach Redaktionsschluss waren die “Bilateralen” immer noch unauffindbar. Eine Vermissten-Meldung wurde aufgegeben.
Nachtrag 1:
Die Betroffenen sind froh um jegliche Hinweise. Jede Weiterverbreitung dieses Artikels und Suchaufrufs wäre ihnen eine grosse Erleichterung.
Nachtrag 2:
Hurra! Das Wort wurde gefunden! Es brauchte einfach ein wenig Auslauf und sprang in einen Text der Operation Libero hinein. Hier findet ihr es: http://hilf-der-auns.ch.
* ACHTUNG SATIRE, die Darstellungen und Zitate in diesem Artikel entsprechen nicht der Wahrheit. Umso wahrer ist jedoch, dass mit der Personenfreizügigkeit auch die Bilateralen I fallen würden.