Kein Grund zu feiern: Jetzt Verantwortung übernehmen für eine menschlichere Migrationspolitik und Europa
Medienmitteilung
Kein Grund zu feiern: Jetzt Verantwortung übernehmen für eine menschlichere Migrationspolitik und Europa
Medienmitteilung
Das heutige Ja zu Schengen ist kein Ja zur menschenverachtenden Migrationspolitik, für die Frontex steht. Die Schweiz muss jetzt ihre Verantwortung für eine liberale Migrationspolitik wahrnehmen. Das Ja ist hingegen ein klares Bekenntnis zur europäischen Zusammenarbeit. Und doch stecken wir heute tiefer in der europapolitischen Sackgasse als je zuvor: Es braucht die Europa-Initiative.
Schengen ist gerettet. Die Schweiz übernimmt die Schengen-Weiterentwicklung zu Frontex und trägt diese gesamteuropäische Entscheidung mit. Wir sind erleichtert, dass sich das Stimmvolk nicht auf das hochriskante Pokerspiel eingelassen hat, die Schweizer Schengen-Mitgliedschaft als Pfand für einen innenpolitischen Deal einzusetzen.
Das heutige Ja ist ein klares Bekenntnis zur europäischen Zusammenarbeit – in unserer globalisierten Welt eine Grundvoraussetzung, um zentrale Herausforderungen zu lösen. «Doch heute gibt es nichts zu feiern, denn an den europäischen Aussengrenzen sterben weiterhin tagtäglich Menschen», sagt Co-Präsidentin Sanija Ameti.
Die Grenz- und Küstenwache muss grundlegend umstrukturiert werden
Das Ja zu Schengen darf uns nicht täuschen: Frontex verwässert die Verantwortung für eine menschenverachtende Migrationspolitik. Diese Politik und ihre Umsetzung müssen dringend von Grund auf reformiert werden. Anders als in vielen anderen Bereichen der Europapolitik – wo wir derzeit nur schlucken müssen, was uns vorgelegt wird – kann die Schweiz Schengen-Entscheidungen aktiv beeinflussen.
Das Problem beginnt somit bei uns zu Hause: Die Bundesrät*innen Karin Keller-Sutter und Ueli Maurer sowie ihre Departemente haben ihr Mitspracherecht bei der Schengen-Weiterentwicklung nicht dafür genutzt, sich für Veränderungen stark zu machen. Auch mit den beiden Schweizer Sitzen im Frontex-Verwaltungsrat wurden die dringend nötigen Reformen nicht angestossen.
Hier müssen wir den Hebel ansetzen: Die Schweiz muss ihre Verantwortung wahrnehmen und sich für einen grundlegenden strukturellen Wandel in der europäischen Migrationspolitik einsetzen. Sie muss die laufenden Bestrebungen einer Frontex-Reform im EU-Parlament unterstützen.
Aufbruch in der Migrationspolitik
Der Paradigmenwechsel in der Schweizer Migrationspolitik braucht Zeit, Kompromisse, Ausdauer und Druck. Doch ein Wandel ist möglich.
Die grosse Aufnahmebereitschaft gegenüber Menschen aus der Ukraine zeigt, dass wir problemlos grossen Gruppen von Geflüchteten Schutz und eine neue Perspektive bieten können, wenn der politische Wille da ist. Dass das Parlament bei der Umsetzung dieser Schengen-Weiterentwicklung nur eine einzige Stimme entfernt war von einer Resettlement-Erhöhung, um die problematische Teilhabe an Frontex abzufedern, zeigt, dass migrationspolitische Kompromisse in greifbarer Nähe sind.
«Operation Libero wird auch in Zukunft für eine menschlichere, eine liberale Migrationspolitik kämpfen», sagt Ameti. Wir sind aus liberaler Überzeugung für die Wiedereinführung des Botschaftsasyls, die Schaffung legaler Fluchtwege und die deutliche Erhöhung des Resettlement-Kontingents. Migration sollte grundsätzlich erlaubt und nur ausnahmsweise verboten sein.
Raus aus der europapolitischen Sackgasse
Das Ja zu Schengen ist ein weiteres überzeugtes Ja zu einer Schweiz, die ihre Verantwortung in Europa wahrnimmt. Dennoch befinden wir uns knapp ein Jahr nach dem Aus des Rahmenabkommens tiefer in der europapolitischen Sackgasse als je zuvor.
Keine der Bundesratsparteien will offenbar ernsthaft das notwendige politische Kapital im wichtigsten Dossier der Schweizer Politik aufbringen. Die Vorschläge des Bundesrates sind so offensichtlich aussichtslos, dass sie kein anderes Ziel haben können als weitere Zeitverzögerung.
Es braucht jetzt konstruktive Oppositionspolitik aus der Zivilgesellschaft. Die Europa-Initiative soll die Debatte erzwingen, die der Bundesrat und die etablierten politischen Kräfte im Land so gerne immer weiter nach hinten verschieben wollen. Die Zeichen stehen auf Aufbruch: Gerade diese Woche hat der Verband der Schweizer Studierendenschaften VSS bekannt gegeben, der wachsenden Europa-Allianz beizutreten. «Mit der Europa-Initiative wollen wir diesem europapolitischen Mikado endlich ein Ende bereiten», sagt Sanija Ameti.