Lancierung der Demokratie-Initiative: Für ein modernes Bürgerrecht
Medienmitteilung
Am 23. Mai 2023 hat die zivilgesellschaftliche Allianz Aktion Vierviertel die Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» lanciert. Die Initiative fordert einen Paradigmenwechsel im Schweizer Bürgerrecht: Wer dauerhaft hier lebt und objektive, abschliessende Kriterien erfüllt, soll einen Anspruch auf Einbürgerung haben. Das Einbürgerungsverfahren soll vereinfacht und die heute oftmals vorherrschende Willkür beendet werden. Damit wird die Demokratie weiterentwickelt – für alle, die hier zuhause sind. Operation Libero ist Teil der Allianz Aktion Vierviertel und unterstützt die Unterschriftensammlung. Die Unterschriftensammlung läuft ab heute.
Die Schweiz schliesst rund ein Viertel ihrer Bevölkerung vom Bürgerrecht und damit von der Demokratie aus. Das will die «Demokratie-Initiative» ändern: Wer seit fünf Jahren rechtmässig in der Schweiz lebt, nicht schwerwiegend straffällig geworden ist, die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet, und über Grundkenntnisse einer Landessprache verfügt, soll einen Anspruch auf Einbürgerung haben. So lautet der Text der Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht», die heute in Bern lanciert wurde.
Die Volksinitiative wird von der zivilgesellschaftlichen Allianz Aktion Vierviertel getragen. In den letzten Wochen und Monaten sind bereits zahlreiche Lokalkomitees in der ganzen Schweiz entstanden. Darüber hinaus wird die Initiative von der SP, den Grünen, der Operation Libero, der Stiftung für direkte Demokratie, Campax und weiteren Organisationen mitgetragen. Teil des Initiativkomitees sind neben politischen und
zivilgesellschaftlichen Persönlichkeiten auch bekannte Namen aus dem Kulturbereich wie Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji, Unternehmerin Sylvie Makela, Filmemacher Samir und die Musiker:innen Tommy Vercetti und Ta'Shan.
Von den acht Millionen Einwohner:innen der Schweiz hat ein Viertel keinen Schweizer Pass – unter ihnen viele hier geborene Secondas und Secondos. Nach wie vor ist es in der Schweiz im europaweiten Vergleich mit am schwersten, eingebürgert zu werden. Während die Vielfalt längst Alltag ist, sind Chancen und Rechte ungleich verteilt – auf politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ebene. Dies fügt der Demokratie grossen Schaden zu.
Der Weg zu vollwertiger Teilhabe ist die Einbürgerung: das Recht, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen, auf einen sicheren Aufenthalt und das Recht, als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft anerkannt zu werden. Niemand muss sich das Bürgerrecht durch Anpassung «verdienen» und niemand mehr mit fragwürdigen Fragen konfrontiert werden. Die einheitlichen Anforderungen sollen der oftmals herrschenden
Willkür ein Ende setzen. Die Zukunft unserer Demokratie soll von allen Menschen, die hier leben, mitgestaltet werden.
Arber Bullakaj und Nadra Mao, Vorstandsmitglieder der Aktion Vierviertel, erläuterten an der heutigen Medienkonferenz die Beweggründe für die Volksinitiative. «50 Jahre nach Schwarzenbach und 30 Jahre mit Blocher ist die Zeit reif für einen neuen, mutigen Gesellschaftsentwurf, für eine Vierviertel-Demokratie», so Bullakaj. «Erst wenn alle Menschen in unserer Demokratie frei und gleichberechtigt sind und sich zugehörig fühlen können, wird unsere Demokratie ihrem Namen gerecht.» Nadra Mao betonte: «Die Demokratie sollte die Vielfalt fördern, die persönlichen Freiheiten schützen und den Fortschritt der Gesellschaft ermöglichen.»
Elias Studer vom Verein einbürgerungsgeschichten.ch berichtete von willkürlichen und schikanösen Einbürgerungsverfahren im Kanton Schwyz. Gleichzeitig machte er deutlich, das Problem betreffe die ganze Schweiz. Erst kürzlich sei jemandem im Kanton Aargau ein frisiertes Töffli zum Verhängnis geworden. Für Studer ist deshalb klar: «Mit der Demokratie-Initiative setzen wir der Willkür und der Schikane im Einbürgerungsverfahren ein Ende.»
Der Co-Präsident von Operation Libero, Stefan Manser-Egli, betonte, es werde eine breite und schlagkräftige Bewegung brauchen, um das Bürgerrecht in der Schweiz zu modernisieren: «Viele Menschen haben das Gefühl, es sei ihr Verdienst oder ihr Schicksal, hier geboren zu sein und das Schweizer Bürgerrecht zu haben – und nicht etwa ein glücklicher Zufall.» Doch Demokratie heisse eben one person, one vote, das dürfe nicht eine leere Worthülse bleiben, so Manser-Egli.
Die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone hielt fest, dass in der Schweiz eine Bevölkerungsgruppe so gross wie die Romandie nicht an den demokratischen Entscheiden teilhaben könne: «Unsere Demokratie lässt damit zu, dass drei Viertel der Bevölkerung über das Schicksal des übrigen Viertels bestimmen.» An einigen Orten sei dieses Demokratiedefizit noch grösser, etwa in Genf oder Rorschach, wo fast die Hälfte
der Bevölkerung ausgeschlossen sei, so Mazzone.
Alt-Ständerat Paul Rechsteiner stellte mit Blick auf die liberale Revolution von 1848 und die Erkämpfung des Frauenstimmrechts mehr als hundert Jahre später fest: «Demokratiepolitische Fortschritte kamen nie von selbst. Auch die Öffnung des Bürgerrechts für alle, die zur Schweizer Wohnbevölkerung gehören, muss erkämpft werden.»