Rede von Laura Zimmermann: NEIN zur "Selbstbestimmungsinitiative"
Pressekonferenz vom 4. Oktober 2018 in Bern
Rede von Laura Zimmermann, Co-Kampagnenleiterin der Kampagne gegen die "Selbstbestimmungsinitiative" und Co-Präsidentin der Operation Libero.
«Sehr geehrte Journalistinnen und Journalisten
Sehr geehrte EIDgenossinnen und EIDgenossen
EID. meine Damen und Herren, ich möchte gerne gleich mit diesem Wort beginnen.
Wir sind das einzige Land, welches das Wort “EID” in seinem Namen trägt.
Mit gewissem Stolz. Und dies völlig zu Recht.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft fusst auf einer einfachen Idee. Auf der Idee, dass gegenseitige Versprechen einzuhalten sind. Denn wer friedlich zusammenleben will, legt gemeinsame Regeln fest. Das Völkerrecht baut auf der gleichen Idee auf: Es regelt das Zusammenleben zwischen Staaten mittels Verträgen.
Nun kommt da die SVP und sagt “Ach was, gegenseitige Versprechen sind für nix, Wort halten ist für nix, lasst uns selbstbestimmt sein!”. Sie kommt und laviert und tätscht uns eine Initiative vor die Füsse, bei dessen Annahme wir de facto das Wort EID gleich aus unserem Landes-Namen streichen können!
Die sogenannte “Selbstbestimmungsinitiative” der SVP will, dass sich die Schweiz nicht mehr an gemeinsam vereinbarte Spielregeln hält. Dass wir die Finger hinter dem Rücken kreuzen, während wir mit der anderen Hand etwas versprechen.
Die SVP betreibt hier Anstiftung zum Vertragsbruch!
Und damit nicht genug. Diese Initiative rüttelt - mehr als jede SVP-Initiative zuvor- an den Fundamenten unseres demokratischen Rechtsstaates: Mit ihrer Anweisung zum Vertragsbruch verletzt die Initiative den Grundsatz, dass die Grundlage und Schranke staatlichen Handelns das Recht ist - denn die Verletzung von Verträgen ist natürlich auch eine Verletzung der Grenzen, die das Recht dem staatlichen Handeln setzt; die Initiative greift die Gewaltenteilung, das Ermessen der Richterinnen und Richter, die Abwägung im Einzelfall, das Verhältnismässigkeitsprinzip, die Grundrechte jeder und jedes Einzelnen an. Doch all das sind - zusammen mit unseren direkt-demokratischen Mitspracherechten - ganz zentrale Elemente unseres modernen Rechtsstaates und politischen Systems.
Diese. Initiative. ist nicht. was sie vorgibt.
Diese Initiative, meine Damen und Herren, ist nicht einfach nur eine optische Täuschung. Sie ist eine Falle. Gut versteckt hinter komplexer Juristerei und darum umso gefährlicher.
Diese Initiative richtet sich nicht nur gegen die „fremden Richter” in Strassburg oder sonst wo, sondern gegen unsere eigenen. Diese Initiative ist ein Angriff gegen das Recht und den demokratischen Rechtsstaat im Allgemeinen.
Diese Initiative gaukelt uns die Stärkung der direkten Demokratie vor. In Wahrheit will sie den Behörden das Recht geben, wichtige völkerrechtliche Verträge “nötigenfalls” zu kündigen – ohne die Stimmbevölkerung zu fragen. Das ist undemokratisch.
Diese Initiative will nicht Selbstbestimmung. Sie will SVP-Bestimmung.
Am 25. November aber bestimmen wir selbst.
Wir können uns entscheiden: Wollen wir eine Schweiz die Wort hält, die verlässlich ist?
Oder wollen wir eine Schweiz, die stets die Finger hinter dem Rücken kreuzt?
Die Selbstbestimmungsinitiative greift unsere Vertrauenswürdigkeit und die Fundamente unseres Rechtsstaates fundamental an. Nichts Geringeres steht am 25. November auf dem Spiel.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.»