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Röstis Richtung: Ein Lehrstück

Vor zwei Wochen sass Albert Rösti im Medienzentrum des Bundeshauses, verkündete die Kürzung der SRG-Gelder und antwortete auf eine Rückfrage eines Journalisten: Er müsse sich für diesen Verordnungsvorschlag nicht verbiegen. Oft lanciere man Initiativen mit der Erwartung, dass dann Gegenprojekte kommen und angenommen werden, die in die gleiche Richtung gehen wie die Initiative selbst.

Es ist eine spektakuläre Aussage.

Zur Einordnung lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Am 10. August 2018 sagten 71,6 Prozent der Schweizer Stimmbürger*innen klar Nein zur von Albert Rösti unterstützten “No Billag”-Initiative. Am 1. März 2022 lancierten SVP und Libertäre mit der Halbierungsinitiative einen weiteren Versuch zur Schwächung des medialen Service public. Mitinitiant: Albert Rösti. Am 19. Juni 2024 verordnet der Bundesrat der SRG eine Sparkur. Hauptverantwortlich: Albert Rösti, mittlerweile Bundesrat und Vorsteher des UVEK. Seine Begründung: Die Richtung stimmt.

Alles on track also für SRG-Kritiker Rösti.

Rösti ist mit seinem SRG-Trickli durchgekommen

Verirrt hat sich dabei leider der Gesamtbundesrat. Denn so viel Schadenspotential der Entscheid mit sich trägt, auf so wenig Fundament steht er. Mit der Kürzung, so die Argumentation, werde der Halbierungsinitiative der Wind aus den Segeln genommen. Damit hat das Uvek auch gleich das Totschlag-Argument gegen alle Bedenken über die Konsequenzen dieser einschneidenden Kürzung gefunden: die Annahme der Halbierungsinitiative wäre schlimmer. Die SRG sieht mit der Verordnung die Erfüllung des Leistungsauftrags ab 2025 gefährdet und ab 2027 nicht mehr finanzierbar? Besser weniger Geld als gar nichts.

Doch dass die Halbierungsinitiative vor dem Volk Chancen hätte – es ist zu diesem Zeitpunkt eine reine Behauptung.

In einer letzte Woche präsentierten repräsentativen Sotomo-Umfrage im Auftrag von Blick gaben 55 Prozent der Stimmberechtigten an, die Halbierungsinitiative ablehnen zu wollen. Eine Umfrage von Tamedia zeigte im letzten Oktober zwar eine Zustimmungsrate von 60 Prozent zur Halbierungsinitiative. Allerdings haben viele Initiativen, auch damals die «No Billag»-Initiative, bei ersten Umfragen hohe Zustimmung. Am Ende zählt das Resultat an der Urne: Und da verwarf die Stimmbevölkerung No Billag wuchtig. Und so wird die Halbierungsinitiative zur argumentativen Halbleiter für einschneidende Kürzungen auf dem Verordungsweg. Mit seinem “indirekten Gegenprojekt”, wie er es nennt, macht der Bundesrat de facto einen Gegenvorschlag, ohne dass dabei parlamentarische Prozesse spielen oder direktdemokratisch ein Referendum ergriffen werden kann.

Das ist des Bundesrats Recht. Aber ist des Bunderats Weg auch richtig?

Man hätte es auch anders machen können. Man hätte das Parlament mit einbeziehen können. Man hätte zuerst über den Leistungsauftrag sprechen können. Man hätte auf die existenziellen Einwände der SRG eingehen können. Man hätte die Kritik von fast der Hälfte der Kantone, den zuständigen Parlamentskommissionen, drei Parteien, Städteverband, Sport- und Kulturverbände und zig weitere Vernehmlassungsantworten ernst nehmen können. Man hätte das No-Billag-Resultat von 2018 und das damit verbundene Ja der Schweizer Bevölkerung zu einer starken SRG zum Anlass nehmen können, selbstbewusst gegen die Initiative anzutreten statt mit vorauseilendem Gehorsam. Und man hätte, in Zeiten von autokratischen Bedrohungen und technologischen Unsicherheiten, zum Schluss kommen können, dass eine weitere Schwächung der Medienlandschaft nicht sinnvoll ist.

Man hätte. Aber man hat es nicht getan.

Stattdessen wurde vom Bundesrat ein Narrativ gesetzt, das dasselbe ist wie dasjenige der Initiative. Die Erzählung: Der mediale Service public, er gehört zurechtgestutzt. Im Windschatten der Halbierungsinitiative wurde so eine Kürzung durchgeboxt, die moderat erscheint, aber einschneidend ist. Eine Kürzung, für dessen Notwendigkeit kein Beweis geliefert werden musste. Und schon gar nicht den Segen der Stimmbevölkerung hat.

Ein Schelm ist, wer dabei an Albert Röstis Rolle und Historie denkt. So setzt man Framings. So bestimmt man die Richtung.

Alles on track.


Verfasser: Silvan Gisler ist Vorstandsmitglied und Mitgründer der Operation Libero. Er hat vor sechs Jahren die Kampagne gegen No Billag als Leiter Kommunikation mitgestaltet. 

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