Bundesratsvorschlag in der Europapolitik: Leerfahrten nach Brüssel
Medienmitteilung
Europapolitik: Leerfahrten nach Brüssel vorprogrammiert
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Der Bundesrat hat heute europapolitische Massnahmen angekündigt, die nichts zur Verhinderung der Erosion des Binnenmarktzuganges beitragen können. Im Gegenteil: Er schwört sich auf kurzsichtige Symptombekämpfung ein. Operation Libero fordert weiterhin eine institutionelle Absicherung der Freiheiten des Binnenmarktes und der Zusammenarbeit mit und in Europa. Es braucht eine breite, vertiefte, intensive – und vor allem ehrliche Diskussion über unseren Platz in Europa. Es braucht einen europapolitischen Aufbruch. Es braucht die Europainitiative!
Der Bundesrat hat heute europapolitische Massnahmen angekündigt, die nichts zur Verhinderung der Erosion des Binnenmarktzuganges beitragen können. Er hat einen Verhandlungsansatz gewählt, der nur dann eine theoretische Chance hat, wenn die einzelnen Dossiers am Ende wieder verknüpft werden, also der horizontale Ansatz über die Hintertür wieder eingeführt wird, von dem der Bundesrat heute versprochen hat, dass er ihn fallen lassen werde. Der Unterschied zwischen Europapolitik und Zeitverzögerung verschwimmt in diesen Vorschlägen des Bundesrats.
Der Bundesrat tut so, als würde er etwas tun. Doch mit einer einmaligen Bestandsaufnahme von Regulierungslücken, und dem Versuch über einen punktuellen Nachvollzugsschub von der EU Zugeständnisse zu erhalten, schwört sich der Bundesrat auf kurzsichtige Symptombekämpfung ein. Es ist absehbar, dass das Ausklammern oder Hintenanstellen der politisch heikelsten Dossiers in den Verhandlungen scheitern wird. Viele Leerfahrten nach Brüssel sind vorprogrammiert. Das grösste strukturelle Problem für die Schweiz - unsere Beziehungen zu Europa - bleibt bestehen und ungelöst. Nicht einmal auf einen Zeitplan mochte sich der Bundesrat heute festlegen.
Sanija Ameti: “Heute hat der Bundesrat gezeigt, dass er die Bilateralen weiter erodieren lässt indem er auf Zeit spielt. Er nimmt damit vorsätzlich einen schleichenden Schwexit in Kauf. Ein deutliches Machtwort des Stimmvolks mittels der Europainitiative kann dem entgegenwirken.”
Warum eine Europainitiative?
Zum Glück gibt es in der Schweiz die Möglichkeit, das Heft selber in die Hand zu nehmen. Jetzt braucht es konstruktive Oppositionspolitik, die dem Bundesrat einen verbindlichen Auftrag erteilt. Es braucht die Europainitiative, die den Bundesrat dazu verpflichtet, wieder über den Zugang zu neuen Sektoren des Binnenmarktzuganges zu verhandeln und bestehende Sektoren aufzudatieren.
Damit der Bundesrat die Herausforderungen von morgen anpackt und damit aufhört, die Probleme von gestern zu bewirtschaften, braucht es einen europapolitischen Aufbruch in der Zivilgesellschaft, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft, und im Parlament. Der politisch heikle Moment ist nicht der Beginn von Verhandlungen, sondern deren Ende. Kompromisse werden nötig sein, Kröten werden geschluckt werden müssen und der Bundesrat wird politisches Kapital einsetzen müssen, um den erzielten Kompromiss zu verteidigen. Wie schon Ende Mai 2021, als der Bundesrat das Rahmenabkommen in die Tonne getreten hat, wird auch in Zukunft das Risiko bestehen, dass er nicht bereit ist, das dafür benötigte politische Kapital aufzubringen. In diesem Fall verhindert die Europainitiative, dass der Bundesrat ein weiteres Mal eigenmächtig, vorbei an Stimmvolk und Parlament, einen Kompromiss beerdigt, statt ihn zu verteidigen.
Die Verhandlungen des Bundesrats über die Zukunft der Schweiz in Europa und die Europainitiative müssen daher parallel zueinander vorangetrieben werden. Operation Libero wird, zusammen mit einer wachsenden Koalition, ungemütlich bleiben. Es braucht eine breite, vertiefte, intensive – und vor allem ehrliche Diskussion über unseren Platz in Europa. Eine solche Debatte zu starten, ist schwierig. Wie es uns trotzdem gelingen kann? Mit der Europainitiative!