Für die Demokratie der Zukunft: Demokratie-Initiative eingereicht
Medienmitteilung
Heute wurde in Bern die Volksinitiative «Für ein modernes Bürgerrecht (Demokratie-Initiative)» eingereicht. Das Zustandekommen der Demokratie-Initiative aus der Zivilgesellschaft ist ein historischer Erfolg und ein Zeichen der Hoffnung. Die Initiative fordert einen Paradigmenwechsel: Wer hier lebt und objektive Kriterien erfüllt, soll einen Anspruch auf Einbürgerung und auf vollwertige Teilhabe an der Gesellschaft haben.
Medienmitteilung der Demokratie-Initiative
Die zivilgesellschaftliche Allianz “Aktion Vierviertel” hat heute in Bern die Demokratie-Initiative mit 104’603 beglaubigten Unterschriften eingereicht. Das Volksbegehren will Einbürgerungsverfahren mit objektiven und abschliessenden Kriterien vereinfachen und dadurch die heute oftmals vorherrschende Willkür beenden. Derzeit schliesst die Schweiz mehr als ein Viertel der ständigen Wohnbevölkerung vom Bürgerrecht und von gleichen politischen Rechten aus.
Die Demokratie-Initiative wird von einer breiten Bewegung aus der Zivilgesellschaft sowie von der SP, den Grünen, der Operation Libero, der Stiftung für direkte Demokratie, Campax, der Unia, HEKS und weiteren Organisationen getragen. In den letzten drei Monaten haben noch rund 50’000 Menschen die Initiative unterschrieben, insgesamt wurden mehr als 135’000 Unterschriften gesammelt.
Ein emotionaler Akt
Dieser Erfolg ist in erster Linie den zahlreichen Lokalkomitees aus der Zivilgesellschaft zu verdanken. Sie standen die letzten 18 Monate auf der Strasse und haben tausende Unterschriften gesammelt – unbezahlt, der Witterung, dem Unterschriftenskandal und vereinzelt auch Anfeindungen zum Trotz.
Menschen wie die beiden Lehrerinnen Xhemile Istrefi Ademi und Sovrane Ademi. Die Schwestern erzählen bei der Einreichung ihre Geschichte: Wie sie sich einbürgern lassen wollten und ihnen klar gemacht wurde, dass sie hier, wo sie geboren und aufgewachsen sind, nicht wirklich willkommen sind. Wie sie sich von dem Schmerz nicht beirren liessen. Und dass die Demokratie-Initiative für sie ein emotionaler Akt ist, um tatsächlich etwas zu verändern. Wie Istrefi Ademi sagt, «für eine Zukunft, in der Heimat bedeutet, dass man auch mitentscheiden darf».
Ein Stück Geschichte
Agnese Zucca, Co-Präsidentin von Aktion Vierviertel, erinnert daran, dass das Schweizer Stimmvolk in den letzten 50 Jahren seit der Schwarzenbach-Initiative über 13 Vorlagen abstimmte, welche die Einwanderung und die Rechte von Ausländer*innen einschränken wollten. Mit der Demokratie-Initiative wird zum ersten Mal seit der Mitenand-Initiative vor ebenfalls fast 50 Jahren eine Volksinitiative eingereicht, die sich für die Ausweitung der Rechte von Migrant*innen einsetzt.
Zucca betont, es gehe nicht nur um politische Rechte und um die Demokratie, sondern auch um Aufenthaltssicherheit, Reisefreiheit und das Recht, jederzeit in die eigene Heimat, in die Schweiz, zurückzukehren. 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund, bei den Jüngeren gar 60 Prozent. «Wir sprechen nicht nur von der Schweiz der Zukunft. Es ist die Schweiz von heute. Und es war auch die Schweiz von gestern», macht Zucca deutlich.
Ein Symbol gelebter Demokratie
Co-Präsident Arbër Bullakaj erinnert daran, dass das Zustandebringen einer Volksinitiative für einen kleinen, zivilgesellschaftlichen Verein alles andere als selbstverständlich ist. Dieser Erfolg zeigt, was möglich ist, wenn Menschen sich zusammenschliessen und für eine gemeinsame Vision einstehen: Wer hier lebt, hat einen Anspruch auf vollwertige Teilhabe.
«Die Demokratie-Initiative ist ein Symbol dafür, dass wir die Demokratie nicht als etwas Gegebenes betrachten dürfen, sondern als lebendiger Prozess, der von uns allen mitgestaltet werden muss», so Bullakaj. Die heutige Einreichung der Demokratie-Initiative ist ein erster Schritt hin zu einer Schweiz, in der jede Stimme zählt, in der jede und jeder gehört wird und in der die Demokratie eine Kraft ist, die alle verbindet.
Die Zukunft ist demokratisch
Ist es nicht verrückt, dass Unterschriften dafür gesammelt werden müssen, dass alle Menschen in diesem Land eine Stimme haben – oder ist es kalkuliert? Diese Frage stellt Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji aus dem Initiativkomitee – und hält fest: «Hier stimmt etwas grundsätzlich nicht, mit dieser Ur-Demokratie. Die Schweiz, das wissen wir, schwärmt gern vom Vollfett-Käse, aber die Realität sieht anders aus: Mager-Demokratie.»
Wie Nadj Abonji betont, legt das Schweizer Stimmvolk seit 100 Jahren aus Angst vor der «Überfremdung» stets ein deutliches und niederschmetterndes «Nein» in die Urne. Für viele sei das Schweizer Bürgerrecht ein angestammtes Geburts-Privileg, ein «Läckerli aus guten alten Zeiten». Die Demokratie-Initiative mache «laut und deutlich» darauf aufmerksam, dass «die Zukunft demokratisch ist», schliesst die Schriftstellerin.
Das Zustandekommen der Demokratie-Initiative aus der Zivilgesellschaft ist ein historischer Erfolg und ein Zeichen der Hoffnung. Es zeigt, wie dringend die Schweiz ihr Demokratie-Defizit angehen muss, um das Versprechen der Vorzeigedemokratie auch tatsächlich einzulösen. Nun liegt es an der Politik, die Demokratie in der Schweiz weiterzuentwickeln.