Europapolitik: das Rahmenabkommen muss vors Volk
Medienmitteilung
Europapolitik: das Rahmenabkommen muss vors Volk
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Die zunehmende Abbruchstimmung beim Rahmenabkommen gefährdet nicht nur unsere Beziehung zu Europa, sondern untergräbt auch unsere Demokratie. Jetzt ist das Parlament und dann die Stimmbevölkerung an der Reihe, über das Abkommen zu befinden. Operation Libero fordert deshalb: Lasst uns über das Rahmenabkommen abstimmen!
Die derzeitigen Abbruchgelüste von diversen Exponent*innen beim Rahmenabkommen sind unüberhörbar. Das Ironische dabei ist, dass genau diejenigen, die unter dem Vorwand der Souveränität einen Abbruch fordern, die Souveränität des Stimmvolkes damit aushebeln.
Seit Jahren wird über dieses Abkommen verhandelt und nachverhandelt – das Stimmvolk hat es verdient, seine Meinung dazu an der Urne kundzutun. Die wichtigste Zutat dazu haben wir: einen ausgehandelten Vertrag. Zu lange dümpelt die Schweiz nun schon in europapolitischen Kehrwassern. Wir brauchen jetzt dringend eine breite, vertiefte, intensive – und vor allem ehrliche – Diskussion über unseren Platz in Europa. Und das geht nur mit einer Volksabstimmung.
Aus lauter Angst, sich die Finger zu verbrennen
Immer mehr mutlose Politiker*innen aller Couleur wollen das Abkommen versenken und die wichtigste Frage für die Zukunft des Werk- und Innovationsplatzes Schweiz damit ein x-tes Mal vertagen. Diese Visions- und Mutlosigkeit lässt sich mit Parteiinteressen erklären. 2023 sind Wahlen – die federnlassenden Bundesratsparteien bringen darum das Kapital nicht auf, die Lösung des grössten strukturellen Problems für die Schweiz endlich anzugehen. Vor lauter Angst, sich die Finger zu verbrennen, servieren sie die fertige Gschwellti nicht dem Stimmvolk, sondern lassen die heisse Kartoffel einfach fallen.
Doch Partei-, Verbands- und Einzelinteressen dürfen nicht über dem Interesse der Schweizer Bevölkerung stehen. Das Rahmenabkommen ist auf die Interessen der Schweiz zugeschnitten: Es garantiert langfristig unserer innovativen Wirtschaft den Anschluss an europäische und globale Wertschöpfungsketten. Noch wichtiger jedoch: Es ist ein Bekenntnis zum Europäischen Projekt und damit zu Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ein solches Bekenntnis ist in Zeiten von weltweiten autoritären Machtansprüchen, die zu geopolitischen Rivalitäten führen, wichtiger denn je.
Niemand hat eine Alternative
Eines dürfen wir in der Abbruchdiskussion nicht vergessen: Niemand hat eine Alternative zu diesem Abkommen. Auch jene, die dem Stimmvolk eine Abstimmung vorenthalten wollen, bieten als Alternative nichts an ausser Wursteln und Warten.
Der Status quo ist keine Alternative. Die Marktzugangsabkommen und damit unsere Beziehung zum Europäischen Projekt befinden sich jetzt schon in einem Erosionsprozess. Es ist fast wie beim Klimawandel: Alle wissen, was Sache ist, und trotzdem hat niemand den Mut, griffige Massnahmen zu ergreifen. Ein Abbruch ist letztlich eine Wette darauf, dass sich nichts verändern wird – und diese Wette kann nur verloren gehen. Denn Europa wird sich weiterentwickeln. Die Globalisierung wird voranschreiten, auch wenn die Schweiz damit beschäftigt ist, sich selber im Rückspiegel zu betrachten.
Das heutige Rahmenabkommen ist das Resultat jahrelanger Verhandlungen und einer jahrzehntelangen Entwicklung. Falls man nach einem Abbruch doch merken sollte, dass die Schweiz früher oder später neue Abkommen mit Europa braucht oder bestehende Abkommen aufdatieren muss, wird es noch einmal mindestens so lange dauern wie dieses Mal, einen Entwurf für eine massgeschneiderte institutionelle Lösung zu haben. Nur unter schlechteren Vorzeichen. Und unter grösserem politischen und wirtschaftlichen Druck. Es ist daher ein dringendes Problem, das wir im Begriff sind, auf die lange Bank zu schieben.
Volksabstimmung als einziger Weg
Letztendlich gibt es keine Alternative dazu, das Stimmvolk und die Stände zu diesem für unser Land grundlegenden Dossier zu befragen. Unabhängig vom Ausgang der Nachverhandlungen muss das Rahmenabkommen daher vors Volk. Sollte sich der Bundesrat dieser klärenden Debatte entziehen, dann muss früher oder später eine andere Vorlage kommen, die die europapolitischen Weichen stellen wird. Denn: Die Zivilgesellschaft und jene Branchen, die auf Zugang zum Binnenmarkt angewiesen sind, bringen gemeinsam genug PS auf die Strasse, um eine Volksabstimmung herbeiführen zu können.
Es ist an der Zeit, dass die Europapolitik demokratischer wird. Die Schweizer*innen haben mehrfach bewiesen, dass sie zukunftsgerichtet und pragmatisch über europapolitische Vorlagen entscheiden können. Das sollen sie auch bei den institutionellen Fragen tun dürfen.