Das PMT-Gesetz
einfach erklärt
Am 13. Juni 2021 stimmen wir über ganze fünf eidgenössische Vorlagen ab. Sie alle haben greifbare Titel. Bis auf eine. Hier erklären wir dir auf ganz einfache Weise, was es mit dem sogenannten PMT auf sich hat.
WTF ist PMT?
“PMT” steht für “Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus.” Über diese Vorlage stimmt das Schweizer Stimmvolk am 13. Juni ab. Ziemlich komplizierter Titel. Darum nennen wir es auch oft liebevoll “Errorgesetz”.
Was will das PMT?
Eigentlich will das PMT der Polizei noch mehr Macht geben, um gegen mögliche terroristische Gefährder*innen vorzugehen. Terrorismusbekämpfung hört sich doch eigentlich ganz gut an, oder? Nun ja, ganz so einfach ist es leider nicht. Aber der Reihe nach.
Was genau könnte die Polizei unternehmen?
Wie du weisst, kann normalerweise ein Gericht entscheiden, ob du bestraft wirst oder nicht. Beim PMT ist das anders. Denn wenn du als Gefährder*in eingestuft wirst, kann die Polizei (ohne Gericht) entscheiden, dass du beispielsweise:
- dich regelmässig bei einer Stelle melden oder mit einer Fachperson Gespräche führen musst
- keinen Kontakt mit gewissen Personen oder Gruppen haben darfst
- einen bestimmten Ort nicht verlassen oder ein bestimmtes Gebiet oder Grundstück nicht betreten darfst
- nicht aus der Schweiz ausreisen darfst
- alle diese Massnahmen können bei Kindern ab 12 Jahren (oder bei Hausarrest ab 15 Jahren) angeordnet werden
- die Massnahmen dauern 6-12 Monate (bei Hausarrest 3-9 Monate)
Wer gilt denn als Gefährder*in?
Als Gefährder*in kannst du abgestempelt werden, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass du die staatliche Ordnung verändern willst und dadurch Furcht und Schrecken verbreitest. Das könnte theoretisch schon der Fall sein, wenn du gegen die Corona-Massnahmen demonstrierst, oder dich für den Klimaschutz einsetzt, oder eben sonst wie die staatliche Ordnung kritisierst.
Du musst keine Straftat begangen und noch nicht einmal vorbereitet haben. Es genügt, dass die Polizei aufgrund von Hinweisen denkt, dass du in der Zukunft vielleicht irgendwann mal etwas Gefährliches machen könntest. Schräg, oder?
Wie kommt die Polizei an diese “Anhaltspunkte”?
Die kurze Antwort: Mit verdammt viel Daten.
Die längere Antwort: Damit die Polizei entscheiden kann, ob du Gefährder*in bist und deshalb eine Massnahme angeordnet werden kann, arbeitet sie mit Personendaten. Das heisst, die Polizei sammelt Daten über die Religion und Tätigkeit, die geistige und körperliche Gesundheit, allenfalls Sozialhilfe sowie über Strafverfahren oder Strafurteile von dir. Hast du schon mal vom sogenannten Fichenskandal in der Schweiz aus den 80er-Jahren gehört? Damals wurden geheime Akten (Fichen) über Personen angelegt, weil sie der Regierung nicht passten, zum Beispiel weil sie gegen die Regierung oder weil sie anderer Meinung als die Regierung waren.
Aber was muss die Polizei abklären, bevor sie Massnahmen anordnen kann?
Nichts. Richtig gelesen: Die Massnahme kann sofort angeordnet werden. Es braucht vorher keine Kindesschutzmassnahme, oder eine soziale oder therapeutische Massnahme. Wenn die Polizei das Gefühl hat, dass so etwas nichts nützen wird, dann kann sie sofort eine Massnahme vom PMT anordnen.
Wenn du mit der Massnahme nicht einverstanden bist, kannst du sie zwar anfechten bei einem Gericht, also eine Beschwerde einlegen. Die Massnahme wird aber trotzdem schon durchgeführt.
Normalerweise kannst du bei einem Strafverfahren ein Urteil anfechten, wenn du nicht damit einverstanden bist. Das Urteil (zum Beispiel Gefängnis oder Geldstrafe), wird dann so lange nicht vollzogen, bis das höhere Gericht neu darüber entscheidet. Das PMT hat sich da mal wieder eine Ausnahme gegönnt.
Und wie komme ich aus der Nummer als Gefährder*in wieder raus?
Hier wird es noch schräger. Normalerweise geht das Gericht davon aus, dass eine Person unschuldig ist, bis das Gegenteil bewiesen ist. Das nennt sich Unschuldsvermutung. Das Gericht muss immer zuerst beweisen, dass du eine Tat begangen hast, dann bist du schuldig. Beim PMT läuft es andersrum. Beim PMT hast du ja gar keine Straftat begangen, und trotzdem wie ein*e Verbrecher*in behandelt. Da gar niemand behauptet, du seist schuldig, kannst du auch deine Unschuld nicht beweisen. Und das nur, weil die Polizei sagt, dass du vielleicht später eine Straftat begehen könntest.
Quizfrage: Wie kannst du beweisen, dass du KEINE Straftat begehen wirst? Mit einem Fotobeweis vielleicht? Wovon? Oder mit nicht vorhandenen Fingerabdrücken an deiner nicht vorhandenen Tatwaffe? Du verstehst. Es ist unmöglich, so eine zukünftige Unschuld zu beweisen.
Übrigens:
Der Bundesrat sagt, dass die Polizei ohne das PMT nichts gegen Gefährder*innen tun kann. Das stimmt aber nicht. Schon heute gibt es Gesetze, welche mögliche Gefährder*innen bekämpfen, und auch bereits Vorbereitungshandlungen zu terroristischen Aktivitäten bestrafen. Das Strafgesetzbuch verbietet, sich an einer Terrororganisation zu beteiligen und zu unterstützen. Zudem gibt es noch das Al-Qaïda/IS-Gesetz, welche diese Organisationen und ähnliche verbietet. Und dann gibt es noch das Nachrichtendienstgesetz, welches schon die Daten von (wirklich) verdächtigen Personen sammeln kann.
Lange Rede, kurzer Sinn: Stimme heute noch NEIN zum PMT!