Das unendliche Argumentarium gegen das PMT
Für wahrhaftige Nerds
Das PMT ist aus vielerlei Hinsicht ein Errorgesetz. Deshalb warnen auch die UNO, der Europarat und sogar unser eigenes Aussendepartement EDA davor. Es gibt dermassen viele Argumente dagegen, auf dem Flyer gab es noch nicht einmal genügend Platz für alle. Vorenthalten wollen wir sie dir trotzdem nicht. Wir präsentieren: Das unendliche Argumentarium gegen das PMT.
Das Wichtigste in Kürze
“PMT” steht für “Gesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus”. Es ist ein sogenanntes Mantelgesetz, das nach seiner Annahme nicht ein eigenes, freistehendes Gesetz wäre, sondern verschiedene andere Gesetze ändern würde. Vor allem würde das PMT das Gesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) ergänzen. In diesem würde es den Begriff des “terroristischen Gefährders” und eine Reihe von Massnahmen einführen, die gegen diese angeblichen Gefährder*innen ergriffen werden können. Diese Massnahmen an sich sind bereits drastisch und problematisch. Sie reichen von einer Gesprächspflicht (mit Behörden) über Kontaktverbote, Ein- und Ausgrenzungen und Fussfesseln bis hin zu Freiheitsentzug in der eigenen Wohnung (Hausarrest).
Als wäre das alles nicht schon problematisch genug, verwendet das PMT eine völlig ausufernde Terrorismus- und Gefährder*innen-Definition. Diese setzt nicht nur kein strafbares Verhalten, sondern noch nicht einmal die Absicht von strafbarem Verhalten voraus, um jemanden als terroristische*n Gefährder*in abzustempeln. Die gerichtliche Kontrolle der Anwendung dieser ausufernder Begriffe wurde auf das absolute Minimum reduziert. Im Vorhof des Strafrechts wird damit ein neues, rechtliches Niemandsland eröffnet, in das man schnell mal geraten kann und aus dem es weder einen Freispruch noch eine Entlassung gibt, wenn man mal drin ist. Ein Niemandsland, in dem die Polizei die Zukunft vorhersagen zu können glaubt und in dem es daher weder um Prävention noch um nachträgliche Repression geht, sondern um präventive Repression für (uferlos definierte) terroristische Handlungen, die jemand in Zukunft angeblich einmal zu begehen beabsichtigte.
Geschrieben worden ist das Gesetz nach dem Motto “Not kennt kein Gebot”. Was nicht passte, wurde passend gemacht. Bundesrat und Parlament haben sich mit enormer Kaltschnäuzigkeit über die Verfassung, die föderalistische Kompetenzordnung, die international geschützten Menschenrechte und über die Gutachten hinweg gesetzt, die sie selber in Auftrag gegeben haben. Sie greifen dabei nicht nur mit einer ganz neuen Qualität in unsere Freiheit und in unsere Grundrechte ein, sie tun dies auch mit grosser Sorglosigkeit und Nonchalance gegenüber dem rechtlichen Rahmen, der ihnen Grenzen setzen sollte. Deshalb warnen auch 60 Rechtsprofessor*innen, die UNO, der Europarat und selbst unser eigenes Aussendepartement EDA vor dem PMT.
Klicke unten auf das Argument, das dich am meisten interessiert und überzeuge dich selbst und Andere von einem NEIN zum PMT. (Die Super-Nerds klicken sich übrigens durch jedes Argument einzeln durch.)
“Ich habe erlebt, wie die Leute angefangen haben, sich selber zu überwachen, Witze darüber zu machen, dass sie eh auf ‘der Liste’ landen. (...) Wir erwarten schon automatisch, dass wir überwacht werden. Viele Leute, mit denen ich gesprochen habe, sagen, sie seien vorsichtig, was sie in Suchmaschinen eingeben, weil sie wissen, dass das protokolliert werde. Und das ist eine intellektuelle Einschränkung.”
So lautet eine der zentralen Begründungen, die Edward Snowden 2013 zu Protokoll gibt, auf die Frage hin, warum er das enorme Risiko eingehe, die Informationen zu leaken, über die er verfüge (im Dok-Film “Citizenfour”). Das Phänomen, das Edward Snowden beschreibt, die Selbstüberwachung in dem Wissen darum, dass man vom Staat überwacht werden könnte, nennt sich auf Englisch “Chilling Effect”. Ein Abkühlungs-Effekt, der bewirkt, dass man nicht mit derselben Unbefangenheit, demselben Vertrauen und mit derselben Neugier auf andere zugeht, sich Meinungen bildet oder Meinungen äussert, wie man das gerne tun würde. Vielmehr zensiert man sich selbst dabei. Nicht, weil der Staat etwas verboten hat, sondern weil er signalisiert: “Pass besser auf, was du sagst und tust und wie du dich online verhältst, es braucht nicht viel und wir können dir einen Strick daraus drehen.” Statt dass der Staat uns überwacht, nutzt er uns selber, um uns zu überwachen. Wir werden zu unseren eigenen persönlichen Agenten, die uns selber permanent überwachen.
Im Gegensatz zu dem Kontext, den Edward Snowden aufzudecken half, geht es vorderhand nicht in erster Linie um die Einrichtung neuer technischer Überwachungssysteme. Vielmehr geht es um die Einführung eines uferlosen Gefährder*innen-Begriffes (siehe dazu 3.), von dem klar ist, dass er auf praktisch alle angewendet werden könnte; besonders dann, wenn genug Daten über sie vorliegen und diese Daten problematisch genug miteinander verknüpft und verwurstet werden (siehe dazu 2.). Dieser subtile Effekt der Selbstzensur ist der vielleicht verbreitetste und gefährlichste Effekt staatlicher Überwachungsmassnahmen. Weil er Überwachungsmassnahmen zu eigentlichen Repressionsmassnahmen macht – das funktioniert so: Die Massnahmen verändern und verarmen das Verhalten der Menschen, während sie vorgeben, nur zu überprüfen, ob sich die Menschen ordentlich verhalten. Und sie setzen gar nicht voraus, dass Menschen tatsächlich überwacht werden, sondern nur, dass sie überwacht werden könnten. Das reicht schon aus, ihr Verhalten subtil zu beeinflussen, Menschen auf subtile Art gefügiger zu machen. Ohne diesen Effekt wäre die Attraktivität der uferlosen Gefährder*innen-Definition nicht erklärbar. Aus Sicht der Behörden ist sie nicht in erster Linie deshalb attraktiv, weil sie dadurch tatsächlich jeden überwachen können – dazu hätten sie weder die Kapazitäten noch die Fähigkeiten – sondern weil sie signalisiert: “wir könnten dich jederzeit überwachen, also überwache dich besser selbst.”
Das PMT selber sagt wenig bis nichts über neue Technologien. Es sieht in erster Linie Massnahmen gegen sogenannte Gefährder*innen vor. Dennoch muss das PMT in seinem technologischen Kontext verstanden werden, denn seine Grundidee ist, terroristische Gefahren zu erkennen, ehe sie sich manifestieren. Heute heisst das: Daten, Daten Daten, und Algorithmen, Algorithmen, Algorithmen. Zur Zeit der Fichenaffäre war die Beschaffung von Daten noch eine mühselige Angelegenheit, die Informanten, das Aufdampfen von Post und das Anzapfen von Telefonleitungen nötig machte. Heute hinterlassen wir alle eine breite Spur von Daten durch unser ganz alltägliches Verhalten, durch unsere Einkäufe, unseren Medienkonsum und unseren Austausch mit Bekannten. Wir können davon ausgehen, dass diese Daten routiniert von staatlichen Stellen gesammelt werden, oder jedenfalls ohne weiteres gesammelt werden könnten.
Die Idee, Gefährder*innen zu entdecken, bevor sie strafrechtlich in Erscheinung treten, also die Idee, dass der Staat in die Zukunft blicken könne, ist daher 2021 in einer ganz anderen Liga gefährlich, als 1989. 2021 ist die Idee verknüpft mit dem trügerischen Versprechen, dass dies möglich wäre, wenn man nur genug Daten und genug gute Algorithmen zur Verfügung hätte, um das zu tun, und es bringt daher einen staatlichen Hunger an Daten mit sich, der unstillbar sein wird. Je mehr Daten der Staat haben wird, desto mehr Lücken in seinen Daten wird er erkennen können, desto mehr ist er überzeugt, eine zusätzliche Straftat verhindern zu können, wenn er nur diese Lücke noch schliessen könnte. Oder wie es Heribert Prantl schon vor mehr als 10 Jahren formulierte: Das Versprechen, dank Daten Straftaten verhindern zu können, «trägt den Hang zur Masslosigkeit in sich, weil es nie genug Sicherheit gibt.»
Die bisherigen Erfahrungen damit, wie gut der Staat seinen Hunger auf immer mehr Daten kontrollieren kann, sind ebenso entmutigend, wie die bisherigen Erfahrungen im Umgang mit Gefährder-Algorithmen, die in der Lawine von Daten das Muster der Gefährlichkeit von Individuen erkennen sollen.
So zeigt eine Studie von Kriminolog*innen der HSG aus dem vergangenen Jahr, dass kantonale Polizeibehörden schon heute dazu übergegangen sind, Algorithmen (wenn auch oft noch sehr rudimentäre) einzusetzen, um sogenannte “Gefährder*innen” zu erkennen. In einigen Kantonen liegen zudem Listen mit “Gefährder*innen” vor. In einem Kanton umfasste diese Liste im Frühjahr 2019 schon 370 Namen. Eine Debatte in der Öffentlichkeit zum Einsatz solcher Mittel hat allerdings kaum stattgefunden und wird von den Urheber*innen dieser Entwicklung auch nicht als nötig erachtet. Eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz dieser Mittel fehlt in der Regel oder es ist unklar, inwiefern eine zusätzliche rechtliche Grundlage nötig wäre. Bereits heute dienen die Resultate dieser noch rudimentären Tools dazu, bei Massnahmen gegen spezifische, als “Gefährder*innen” eingestufte Personen zu beantragen.
Sowohl der Umgang mit der Pandemie als auch die versuchte Einführung einer E-ID haben gezeigt, wie konzeptlos und glücklos der Staat mit den schwierigen technischen, ethischen, grundrechtlichen und datenschutzrechtlichen Fragen umgeht, die sich mit der Digitalisierung seiner Tätigkeit stellen. Ausgerechnet dort, wo sich die schwierigsten dieser Fragen stellen, in der präventiven Polizeiarbeit, hat – fast unbemerkt von der Öffentlichkeit – diese Digitalisierung aber schon auf breiter Front begonnen. Statt diese Digitalisierung aber mit Argusaugen zu verfolgen und hier genaue Vorgaben zu machen, gibt der Gesetzgeber so weit als möglich Kontrolle und Verantwortung ab, indem er einen uferlosen Gefährder*innen-Begriff einführt und die gerichtliche Kontrolle in diesem Bereich auf das absolute Minimum reduziert. Das PMT lässt daher den Staat dort von der Leine, wo er am dringendsten kurz angebunden sein müsste – bei der problembehafteten Digitalisierung.
“Des einen Freiheitskämpfer ist des anderen Terroristen”, heisst es in einem geflügelten Wort. Wilhelm Tell wäre (wenn es ihn gegeben hätte) ein Terrorist gewesen (wenn man die Habsburger gefragt hätte), und ein Freiheitsheld (wenn man die Eidgenossen gefragt hätte). Alles eine Frage der Perspektive. Das zentrale Problem jeder Terrorismus-Gesetzgebung ist daher, wie man Terrorismus definiert. Damit hat sich auch der UN-Sicherheitsrat, die EU und viele Staaten schon schwer getan. Aber ihre Definitionen haben etwas gemeinsam: Terrorismus umfasst das Verüben von schweren Straftaten, oder hat jedenfalls das Verüben solcher Straftaten zum Ziel. In der Regel sind es Straftaten gegen Leib und Leben, manchmal auch Strafen gegen die Freiheit, oder gegen den Staat. Im PMT ist das radikal anders. Hier beinhaltet Terrorismus nicht auch andere Straftaten. Als Terrorismus gilt schon, was überhaupt nicht strafbar ist. Das fällt zunächst gar nicht auf, denn die Definition von Terrorismus im PMT ist von jener im Nachrichtendienstgesetz (NDG von 2015) übernommen. Darin heisst es (in Art. 19 Abs. 2 NDG):
“Eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit ist gegeben, wenn ein bedeutendes Rechtsgut wie Leib und Leben oder die Freiheit von Personen oder der Bestand und das Funktionieren des Staates betroffen ist und die Bedrohung ausgeht von:
- terroristischen Aktivitäten im Sinne von Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen.”
Hier ist eine schwere Straftat also noch Voraussetzung für eine “terroristische Aktivität”. Sie muss zu einer “konkreten Bedrohung” für ein “bedeutendes Rechtsgut wie Leib, Leben oder die Freiheit von Personen oder der Bestand und das Funktionieren des Staates” führen. Der Trick, den das PMT nun macht, ist, dass es den vorgelagerten Teil der Definition im NDG, das sog “Chapeau” einfach weg lässt. Im PMT heisst es nur noch (in Art. 23e Abs. 2 BWIS):
“Als terroristische Aktivität gelten Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch die Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen.”
Man achte auf das hervorgehobene “oder”. Es lässt keine Zweifel offen, dass terroristische Aktivitäten neu nicht nur das Begehen oder Androhen schwerer Straftaten sein kann, sondern auch eine Tätigkeit, die zwar auf die Verbreitung von Furcht und Schrecken abzielt (was immer das bedeuten mag), aber gar nicht strafbar wäre, wenn sie ausgeführt würde. Durch den Wegfall des oberen Teiles der Formulierung, die aus dem NDG übernommen wurde, wird auch klar, dass keine bedeutenden Rechtsgüter mehr bedroht sein müssen, damit der Begriff der terroristischen Aktivität erfüllt ist. Auch Dinge, die weder hochwertige Rechtsgüter konkret gefährden, noch überhaupt strafbar sind, können nach dieser Definition als terroristische Aktivität qualifiziert werden.
Die uferlose Definition von Terrorismus wird noch gefährlicher durch die enorm schwammige Definition davon, was ein terroristischer Gefährder - der zentrale Begriff des Gesetzes - ist (in Art. 23e Abs. 1 BWIS):
“Als terroristische Gefährderin oder terroristischer Gefährder gilt eine Person, wenn aufgrund konkreter und aktueller Anhaltspunkte davon ausgegangen werden muss, dass sie oder er eine terroristische Aktivität ausüben wird.”
Es braucht also keinen “Verdacht” - das würde ja eine strafbare Tat voraussetzen – sondern nur “Anhaltspunkte”, dass jemand “Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung” verfolgt. Man fragt sich: Gibt es jemanden, der politisch aktiv ist, der das nicht will? Wird dabei “Furcht und Schrecken” verbreitet? Wie misst man das? Wer muss sich fürchten? Das Problem ist klar: Diese Definition, lässt sich praktisch auf jeden und jede, die schon einmal politisch oder gesellschaftskritisch aktiv waren anwenden. Und ja, der Begriff ist ganz bewusst uferlos. Sich loszueisen, wenn man einmal nach dieser Definition als “terroristischer Gefährder” eingestuft ist, ist so gut wie unmöglich. Es ist keine Definition, die den Behörden Grenzen setzt im Personenkreis, auf den sie ihre Anti-Terrorismus-Massnahmen anwendet. Es ist ein Gesetz, bei dem die Bürgerinnen und Bürger nur hoffen können, dass die Behörden sich selber Zurückhaltung auferlegen, wenn sie es anwenden.
Je heftiger ein Gesetz in die Sphäre des Einzelnen eingreift, desto besser muss die Gewaltenteilung zwischen der Exekutive und der Judikative spielen. Konkret: desto griffiger muss also die gerichtliche Überprüfung von polizeilichen Massnahmen sein. Würde man denken.
Das PMT jedoch reduziert die gerichtliche Überprüfung der enorm einschneidenden und oft irreversiblen Massnahmen, die es vorsieht, auf ein absolutes Minimum. Nur gerade der Hausarrest muss unmittelbar von einem Gericht überprüft werden – weil er ein Freiheitsentzug ist und es daher eine völkerrechtliche Pflicht gibt, ihn gerichtlich zu überprüfen. Die anderen Massnahmen werden weder automatisch noch zeitnah von einem Gericht überprüft, sondern müssen über den verwaltungsrechtlichen Beschwerdeweg vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Darin liegt der wesentliche Unterschied und die wesentliche Verschlechterung der Rechtsstellung der Betroffenen: Der Goldstandard ist hier das Strafprozessrecht, wo ähnlich einschneidende Massnahmen, wie das PMT sie vorsieht, immer durch eine gerichtliche Kontrolle flankiert sind. Das Strafprozessrecht hat sich bewährt und zeigt, dass eine gerichtliche Kontrolle solche Massnahmen nicht verhindern würde, er würde sie lediglich in gewisse Bahnen lenken und die anordnenden Behörden zu Augenmass zwingen.
Hier kommt einer der zentralen Gestaltungsfehler des PMT zu tage: Der Bund ist per Verfassung eigentlich gar nicht zuständig für Aufgaben, wie das PMT sie ihm nun zuschanzt, da das PMT die föderalistische Kompetenzaufteilung verletzt. Daraus folgt, dass der Bund für eine gerichtliche Kontrolle auch gar nicht die geeigneten Gerichte hat. Eines der Kuriosa des PMT ist, dass es dort, wo eine Bundesbehörde einen Hausarrest anordnet, vom Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern überprüft wird. Dieses Kuriosum zeigt, dass eine gerichtliche Überprüfung dieses neuen Repressionsfeldes durchaus möglich gewesen wäre, ohne dass sie den Zweck der Repression vereitelt hätte.
Die gerichtliche Kontrolle ist von den Urheber*innen des PMT schlicht nicht gewollt. Sie wollen eine Polizeibehörde, die sich der mässigenden Kontrolle durch Gerichte so weit als möglich entledigt hat. Beispiel gefällig, wie die Polizei einsteigt, wenn ihre Massnahmen nicht überprüft werden? Hier lang.
Die Definition eines Rechtsstaates, wie unsere Verfassung sie vorsieht (in Art. 5 Abs. 1 BV) lautet: “Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.” Der Staat darf also nur dort tätig werden, wo er eine gesetzliche Grundlage hat und diese setzt gleichzeitig seinem Handeln Grenzen. Das Gegenteil eines Rechtsstaates ist damit nicht in erster Linie ein Unrechtsstaat (denn auch Unrecht kann eine gesetzliche Grundlage haben). Vielmehr ist das Gegenteil ein Staat, dessen Obrigkeit nicht das tut, was das Gesetz ihr erlaubt, sondern, was sie als durch die Umstände als angebracht erachtet. Ein solcher Staat ist ein Polizeistaat. Sein Hauptproblem besteht nicht in der Verwerflichkeit seines Handelns, sondern in den fehlenden Schranken, die das Recht ihm in seinen Handlungen setzt.
Vor diesem Hintergrund wird klar: Ein Rechtsstaat ist auf Institutionen angewiesen, die ihn permanent überwachen, permanent sicherstellen, dass er die Schranken respektiert, die das Recht ihm setzt. Je weiter diese Schranken sind, je weiter der Staat also in die Sphäre des Einzelnen eingreifen kann, desto griffiger und engmaschiger muss diese Überwachung sein. Das PMT macht nun aber genau das Gegenteil. Es schafft einerseits ein neues Repressionsdispositiv zu Handen des Staates, mit dem er enorm weit in die Sphäre der Einzelnen eingreifen kann. Und es reduziert gleichzeitig die gerichtliche Kontrolle über diese Eingriffe auf das gerade noch vorgeschriebene Minimum. Es nimmt damit nicht nur in Kauf, es ermutigt geradezu, dass der Staat die Grenzen überschreitet, die das Recht ihm setzt und dabei von den Gerichten nicht oder erst, wenn es zu spät ist, zur Ordnung gerufen werden kann.
Das PMT schafft daher einen Raum, in dem nicht mehr gilt, dass das Recht Grundlage und Schranke des staatlichen Handelns ist, sondern das Motto “Not kennt kein Gebot”. Wo offenbar Gefahr lauert, dort sind die gesetzlichen Schranken mal jedenfalls vorläufig nicht so wichtig und der Staat darf erstmal einfach Handeln, wie es ihm richtig scheint. Es ist also ein polizeistaatliches Element, das hier eingeführt wird, ein grundlegender Fremdkörper in einem Rechtsstaat. Es ist unwahrscheinlich, dass die Behörden, die mit soviel schrankenloser Herrschaftsmacht ausgestattet werden, nicht auch sehr schnell Gefallen daran finden
Terrorismus ist eine jedenfalls minimal organisierte Form von Gewalt. Er braucht daher auch eine minimale Unterstützung in bestimmten Milieus der Bevölkerung. Dafür muss er seinen Kampf gegen den Staat in diesem Milieu als gerechtfertigt erscheinen lassen. Terrorismus muss mindestens in den Augen einer kleinen Minderheit als gerechtfertigter Freiheitskampf erscheinen. Ein Rechtsstaat, der selbst, wenn er mit Terrorismus konfrontiert ist, auf seiner Rechtsstaatlichkeit beharrt, wird Terrorismus gegenüber als moralisch überlegen erscheinen. Er ist deshalb die sicherste Waffe gegen Terrorismus. Ein Staat hingegen, der konfrontiert mit Terrorismus seine eigenen Regeln über Bord wirft, den Boden des Rechts verlässt, und schiere Macht über das Recht stellt, gibt Terroristen genau das, was sie am dringendsten brauchen: einen legitimen, übermächtigen Gegner, gegen den auch rücksichtslose, hinterhältige Gewalt für Manche als gerechtfertigt erscheint. Das PMT, das mit grosser Sicherheit zu offensichtlich ungerechten und offensichtlich übertriebenen Anwendungsfällen führen wird, das selber mehrfach und offensichtlich gegen übergeordnetes Recht verstösst, geht einen gefährlichen Schritte in die Richtung eines idealen Gegners für Terrorismus. Es wird Fälle schaffen, die in einem auf Radikalisierung anfälligen Milieu gezielt genutzt werden können, um die Verwerflichkeit des Staates zu propagieren, seine Rücksichtslosigekeit und dass die drastischsten Massnahmen gegen ihn gerechtfertigt seien. Viele werden das für übertrieben halten, aber einige wenige werden das plausibel finden. Sie werden das Milieu bilden, das Terrorismus braucht, um den Grad seiner Organisation ausbauen zu können.
Vielleicht noch wichtiger aber ist, dass der Staat auf Grund der Präsenz von Terrorismus, aber nicht durch die Kraft der Terroristen, sondern durch die Kraft eigener, schlechter Politik das aufgibt, was er vorgibt, entschieden gegen den Terrorismus zu verteidigen: Den Rechtsstaat und die Menschenrechte. Es ist die Anti-Terrorismus-Politik, nicht der Terrorismus, die für diese Errungenschaft zu einer ernsthaften Gefahr werden. Ohne Not gibt der Staat das Preis, was er als erstes schützen sollte. Auch deshalb gibt das PMT ein Stück weit dem Terrorismus genau das, was er will.
Es gibt einen zentralen Unterschied zwischen Vorfeld-Straftaten und dem, was das PMT möchte. Vorfeld-Straftaten (wie das unter Strafe stellen der Vorbereitung einer Straftat) wollen Straftaten, die bereits geplant sind, verhindern und ihre Vorbereitung bestrafen und bereits die Vorbereitung dem gesellschaftlichen Unwert-Urteil unterstellen. Das PMT aber möchte nicht bestrafen. Und es möchte auch nicht bereits Geplantes bestrafen. Es möchte verhindern, dass jemand überhaupt anfängt, böse Pläne zu schmieden. Das PMT ist auch etwas grundlegend anderes, als eine Strafuntersuchung. Diese setzt jedenfalls einen Anfangsverdacht voraus, der dann erhärtet oder entkräftet werden muss. Das PMT hingegen will und kann niemanden überführen. Es möchte gerade dort tätig werden, wo noch gar kein Verdacht vorliegen kann, weil noch gar keine Straftat vorliegt. Es möchte also nicht nur nicht unmittelbar bevorstehende Straftaten verhindern, oder bereits geschehene Straftaten aufdecken und sühnen. Es möchte Straftaten verhindern, bevor selbst die vermuteten Täter einen Plan dazu haben. Es möchte den Menschen voraussagen können, dass sie dereinst zum Täter werden würden, wenn die Behörden nicht einschreiten würden. Was sich im ersten Augenblick attraktiv anhört, als ein Ausdruck des Präventivgedankens, ist auf den zweiten Blick ein Albtraum. Denn: Niemand kann sich gegen den Vorwurf verteidigen oder sich vom Vorwurf befreien, er oder sie wäre in der Zukunft mal zum Täter geworden. Die Unschuldsvermutung braucht gar nicht abgeschafft zu werden. Sie stösst einfach ins Leere, denn die Behörden behaupten gar nicht, jemand sei schuldig. Sie behaupten lediglich, jemand hätte in der Zukunft einmal schuldig werden können. Das kann man nicht widerlegen. Davon kann man sich nicht befreien. Es ist kein Wunder, dass dieser Schritt, vom repressiven Strafrecht zur präventiven Repression, zur “vorhersagenden Polizeiarbeit” den Stoff vieler dystopischer Romane und Spielfilme bildet (“Minority Report” ist vielleicht der berühmteste). Es ist gleichzeitig ein Szenario, das ausweglos ist, und eines, in dem der Staat seine Möglichkeiten in der Regel massiv überschätzt. Je mehr technologischer Zauber hinter dem Versprechen steckt, Verbrechen schon verhindern zu können bevor es entsteht, desto länger dauert es, bis offensichtlich ist, dass die Prognose über die Zukunft oft falsch gelegen haben muss. Für jene, die in die Mühle der Prognose geraten sind, ist es dann zu spät.
So paradox es klingen mag: Es ist daher nicht eine Welt, in der das Verbrechen unausrottbar ist, die eine Dystopie ist. Die Dystopie ist die Welt, die sich vorgenommen hat, das Verbrechen auszurotten, indem sie ihre Polizei ermächtigt, einzuschreiten, bevor ein Täter zur Tat schreitet.
Bisher verliefen im grossen Ganzen recht klare Grenzen durch die Rechtsordnung. Es gab das Verwaltungsrecht, das nicht ohne ist, aber immerhin in der Drastik seiner Massnahmen nicht vergleichbar mit dem Strafrecht. Und dann gab es das Strafrecht für das Grobe. Es kann einem die Freiheit entziehen, es kann einem aus dem Verkehr ziehen, es kann einem mit dem Unwerturteil der Gesellschaft belegen. Dafür ist es auch mit einem Prozessrecht ausgestattet, das einen besonders sorgfältig geführten Prozess vorschreibt, in dem besondere Sicherungen für den Einzelnen eingebaut sind (die Unschuldsvermutung, das Öffentlichkeitsprinzip, das Prinzip, sich nicht selber belasten zu müssen, eine engmaschige gerichtliche Kontrolle und viele weitere mehr). Es war mehr oder weniger klar: Wenn man in den gefährlichen Bereich gelangt, in dem einem die drastischsten Massnahmen drohen, die der Staat in seinem Dispositiv hat, dann ist man auch durch spezielle Sicherungen geschützt und hat einen Anspruch darauf, innert nützlicher Frist zu wissen, ob der Staat jemanden strafen wolle, oder nicht. Das ist eine grobe Vereinfachung. Auch ohne PMT ist diese Linie zwischen Verwaltungs- und Strafrecht schon problematisch verschwommen (etwa bei der Massnahmenhaft, wie sie im Ausländerrecht grosszügig zum Einsatz kommt). Aber das PMT durchbricht diese Linie nun umstandslos und hemmungslos. Es behauptet – im Gegensatz zum Strafprozessrecht – gerade nicht, dass jemand einer Straftat verdächtigt werde, die aufgeklärt und einem Ergebnis zugeführt werden müsse. Es hat gerade nicht die Resozialisierung potentieller Täter*innen zu Ziel, sondern die Verwaltung – das “case management” von Menschen, die es als gefährlich einstuft, ohne dass sie etwas getan haben oder ohne dass sie verdächtigt werden, nächstens etwas Gefährliches zu tun. Es fährt gegen den Einzelnen sehr drastische Massnahmen auf – bis hin zum Freiheitsentzug in den eigenen vier Wänden – aber es ist befreit von all den Sicherungen, die für den Einzelnen im Strafprozessrecht eingebaut sind.
Das PMT ist daher Repression ohne Straftat, die es zu sühnen gäbe und ohne Prozess, der sie ermittelt, und ohne die Möglichkeit der Tilgung einer Schuld. Es öffnet einen Zwischenraum zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht, wo kein Zwischenraum sein sollte, ein rechtliches Niemandsland, das nicht ganz Prävention ist und nicht ganz Repression, sondern präventive Repression und aus dem man kaum noch raus kommt, wenn man einmal drin ist. Es ist ein Niemandsland, das auf die Interessen der staatlichen Repression zugeschnitten ist und die Interessen der Rechtsunterworfenen grob verletzt. Es ist entfesselte Repression, ohne eingebaute Sicherungen.
Das Strafrecht ist auf eine vorübergehende Dauer angelegt. Es beginnt erst mit der Belastung einer Person mit einer Straftat. Innert nützlicher Frist muss dann eine Anklage und dann ein Urteil erfolgen. Danach ist die Person entweder freigesprochen oder verurteilt und unterliegt während einer festgelegten Zeit einer Strafe durch die Gesellschaft. Danach endet der Zugriff des Strafrechts auf diese Person grundsätzlich wieder. Sie ist wieder frei. Das PMT ist grundlegend anders. Wer einmal Gefährder*in ist, bleibt Gefährder*in. Es gibt keine Möglichkeit, sich gegen diese Einschätzung durch die Behörden zu wehren, sich von ihr durch einen Freispruch befreien zu lassen. Zwar sind die drastischen Massnahmen, die das PMT vorsieht, zeitlich beschränkt, aber nicht die Stigmatisierung als Gefährder*in. Wer dieses Label einmal hat, hat es. Man kann gegen die Massnahmen klagen, die damit verbunden sind, aber nicht gegen das Stigma. Es ist einfach eine behördliche Einschätzung, von der man nicht genau weiss wie sie zustande kam und wie man sie wieder los wird. Man weiss u.U. nicht einmal, dass man von den Behörden als Gefährder*in eingeschätzt wird. Aus der Studie der HSG zu “Smart Criminal Justice” von vergangenem Jahr ergibt sich, dass bereits heute verschiedene Kantone “Gefärhderlisten” führen. In einem Kanton führte eine verantwortliche Person dazu aus: “Aus der Liste gelöscht werde eine Person erst dann, wenn keine Gefährdung mehr von ihr ausgeht. Dies komme aber selten vor, weil es sich bei den Gefährdern i.d.R. um ein Klientel handle, das sich immer wieder bemerkbar mache.” (Simmler et.al., S. 30f.).
Das PMT ist daher eine Mühle die nicht einfach langsam mahlt, sondern eine, die gar nicht darauf angelegt ist, einem einmal wieder auszuspucken. Es ist diese Ausweglosigkeit, die das PMT zu einem besonders unheimlichen und besonders gefährlichen Gesetz macht.
Auch die Befürworter*innen des PMT streiten nicht ab, dass das Gesetz auf Grund seiner uferlosen Terrorismusdefinition, seiner aufs Minimum reduzierte gerichtlichen Kontrolle und der drastischen Massnahmen, die es vorsieht, enormen Schaden anrichten könnte, wenn es in die falschen Hände gerät. Illustrativ ist dafür etwa Mauro Tuena, der zuständige Kommissionssprecher im Nationalrat, der mit dem Hinweis (von Nils Melzer, dem UN-Sonderberichterstatter zu Folter) konfrontiert wird, auch auf Greta Thunberg und Christoph Blocher könnte der Terrorismus-Begriff des PMT ohne weiteres angewandt werden. Interessanterweise streitet er das nicht ab. Geschweige denn, dass er es widerlegt. Er sagt einfach: “Das gehe ich nicht davon aus, dass das passieren wird.” Er weiss, dass es passieren könnte, dass “sein” Gesetz dagegen keinerlei Sicherungen eingebaut hat. Er hat einfach Gottvertrauen darauf, dass es nicht passieren wird. Es ist ein Gesetz, das darauf wettet, dass es nicht in falsche Hände gerät. In Englisch nennt man das die “good chap theory of government”, die Theorie, wonach diejenigen die regieren, schon nette Kerls sein werden, im Wissen darum, dass es schief gehen wird, wenn sie das nicht sein sollten. Aber weil Macht bekanntlich korrumpiert und mehr Macht nicht notwendigerweise die besseren Menschen anzieht, eher im Gegenteil, ist ein Gesetz, das auf der “good chap”-Annahme beruht, ein fundamental fehlerhaftes Gesetz. Es erfüllt, weil das Gesetz sicher nicht in den Händen perfekter Menschen liegen wird, die minimalsten Anforderungen an ein solides Gesetz nicht und es kann daher mit grosser Sicherheit gesagt werden, dass das Gesetz zu grossen Problemen führen werde, wenn es nur dann nicht zu Problemen führt, wenn es in den Händen von tadellosen Menschen liegt. So wie ein Haus, dessen Dach nur dicht ist, solang das Wetter schön ist, mit Sicherheit rasch Schaden nehmen wird, so wird das auch ein Rechtsstaat, dessen polizeiliche Massnahmen ausschliesslich mit Schönwetter-Politiker*innen funktionieren können.
Insbesondere verstösst das PMT gegen die föderalistische Kompetenzordnung, wie die Bundesverfassung sie vorsieht. Die Herstellung polizeilicher Sicherheit ist kantonale Aufgabe. Das PMT setzt sich darüber ohne Not hinweg. Aber schwerer wiegt, dass der Bundesrat und das Parlament sich – um die Massnahmen dennoch einsetzen zu können – eine Kompetenzgrundlage geschustert haben (bereits zum wiederholten Male), die offensichtlich nie dafür gedacht war (Art. 173 Abs. 2 BV). Sie lautet: “Die Bundesversammlung behandelt ausserdem Geschäfte, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind.” Es ist offensichtlich und aus dem Kontext sehr klar, dass diese Norm die Kompetenzaufteilung unter den verschiedenen Gewalten auf Bundesebene regeln soll, gerade nicht die Verteilung der Kompetenzen zwischen dem Bund und den Kantonen. In der Vernehmlassung zum PMT wurde auf diesen Punkt hingewiesen, in der Zusammenfassung der Vernehmlassungsergebnisse wurde darauf auf aber nicht eingegangen.
Dieser offensichtliche Trick, eine Bundeskompetenz zu schaffen, wo der Verfassungsgeber (Volk und Stände) die Kantone in der Verantwortung sehen wollten, ist symptomatisch für die Grundhaltung, die hinter dem Gesetz steht: Was nicht passt, wird passend gemacht. Wenn es um Terrorismus geht, dann muss sich die Staatsmacht nicht an die üblichen Schranken halten, die die Verfassung ihr setzt. Doch diese Haltung richtet weit über das PMT hinaus Schaden an. Wenn wir als Stimmbevölkerung zulassen, dass das Parlament sich derart offensichtlich und bedenkenlos über die Schranken hinwegsetzt, die wir ihm gesetzt haben, wird es dies in Zukunft immer wieder versuchen. Ein Nein zum PMT ist daher auch ein ganz allgemeiner Ordnungsruf an die Staatsmacht, sich an die ihr gesetzten Schranken ihrer Kompetenzen halten zu müssen.
Ausführlich dazu: https://sui-generis.ch/article/view/sg.169/1712
Ein verbreitetes Argument zu Gunsten des PMT lautet, es könne doch nicht sein, dass der Staat warten müsse, ehe etwas Schlimmes passiert sei, bis er einschreiten dürfe. Aber das ist schon heute nicht so, besonders nicht im Umgang mit Terrorismus. Im Bereich des Terrorismus ist man schon heute strafbar, lange, bevor irgendwo ein Mensch zu Schaden kommt. So ist es schon heute eine Straftat, eine terroristische Vereinigung zu gründen oder ihr anzugehören oder für sie zu werben oder ihr logistische Unterstützung zu geben, sie zu finanzieren oder ihr Waffen zu besorgen. Es ist verboten, zu Hass aufzurufen, zu Straftaten aufzurufen und Reisen mit terroristischer Motivation zu organisieren. Wo jemand unter dem Verdacht steht, eine schwere Straftat ausführen zu wollen, kann er oder sie in Haft genommen oder in Haft behalten werden. All dies entspricht dem an sich berechtigten Gedanken, dass jemand nicht erst dann verwerflich gehandelt hat, wenn Menschen bereits verletzt oder getötet sind, sondern bereits dann, wenn er oder sie einen point of no return überschritten haben, in ihrer Vorbereitung, einen solchen Schaden herbei zu führen oder wenn sie andere darin unterstützt haben, einen solchen Schaden herbei zu führen. Der Staat ist heute also alles andere als wehrlos, bevor etwas passiert. Er hat innerhalb des Strafrechts hierfür sog. Vorbereitungsdelikte geschaffen. Der Unterschied zum PMT besteht darin, dass es sich um Delikte handelt. Das heisst, es gilt Strafprozessrecht. Mit der Unschuldsvermutung, dem Selbstbelastungsverbot, dem Beschleunigungsgebot, und dem Prinzip, dass man nicht zweimal für dasselbe Delikt belangt werden dürfe, etc. Die heutigen Handhaben im Vorfeld von Terrorismus sind also alle mit Sicherungen zu Gunsten von Verdächtigen, Beschuldigten, Angeklagten und verurteilten Personen ausgestattet, die das PMT nicht kennt (obwohl es auch sehr drastische Massnahmen zur Folge haben kann).
Das PMT braucht es also nicht, damit der Staat handeln kann, bevor etwas passiert.
Das PMT braucht es, damit der Staat handeln kann, entfesselt von den Schranken und Ausgleichsmassnahmen, die das Straf- und Strafprozessrecht ihm auferlegt.