Operation Libero Lebensformen

Operation Libero fordert das Parlament zum Reality-Check im Familienrecht

Medienmitteilung

Der Nationalrat hat heute über die CVP-Initaitive "Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe" beraten und hat dabei gesellschaftliche Realitäten ausgeblendet. Die Operation Libero fordert das Parlament mit einer Online-Petition zum Reality-Check. Die Forderung "Die Gleichbehandlung aller Beziehungsformen. Und als Konsequenz: Die Individualbesteuerung. Jetzt.

Die CVP-Initiative will die Ehe als "Lebensgemeinschaft von Mann und Frau" in der Verfassung verankern und die steuerliche Benachteiligung der Ehe stoppen. In seinem Gegenvorschlag streicht der Nationalrat zwar den Passus zur "Ehe als steuerliche Wirtschaftsgemeinschaft", klammert sich aber an den Status Quo: Die rechtliche Gleichbehandlung aller Beziehungsformen - egal ob gleich-, verschiedengeschlechtlich, verheiratet oder nicht - bleibt auf der Strecke, genauso wie die Besteuerung von Individuen statt Beziehungsformen. Der Gegenvorschlag ist nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist höchste Zeit, die Familienrechtsordnung der heutigen Realität und Vielfalt an Lebensentwürfen anzupassen.

Lebensgemeinschaft: Das Bekenntnis zählt. Es besteht dann eine Lebensgemeinschaft zwischen Menschen, wenn sie sich dazu bekennen. Das Recht hat einzig an das Bekenntnis von Menschen zu einer Gemeinschaft und an die gelebte Beziehung anzuknüpfen. Eine Lebensgemeinschaft besteht also sowohl dann, wenn Menschen eine Ehe geschlossen haben als auch wenn die Lebensgemeinschaft vertraglich vereinbart wurde. Alle Lebensgemeinschaften sind den gleichen Rechtsfolgen unterstellt.

Individuen statt Beziehungsformen besteuern. Individualbesteuerung bedeutet: Ein Mensch, eine Steuererklärung. Mit einer Individualbesteuerung wird auch die bisherige steuerliche Ungleichbehandlung zwischen verheirateten und unverheirateten Paaren aufgehoben. Mit der Individualbesteuerung werden zudem Anreize beseitigt, die den zweitverdienenden Ehegatten von (mehr) Erwerbstätigkeit abhalten.

Das Schweizer Familienrecht ist heute nicht das Recht aller Familien, sondern es regelt in erster Linie ein traditionelles Familienmodell. Die aktuelle Familienrechtsordnung verkennt damit die Realität, wo sie doch eben diese regeln sollte: In ihr bleibt eine grosse Zahl unterschiedlicher Beziehungsformen unberücksichtigt. Auch das heutige Steuersystem hält mit der gemeinsamen Besteuerung von Ehepaaren ein Wirtschafts- und Wertemodell hoch, welches der Vielfalt an Lebensentwürfen nicht mehr gerecht wird, und ihr sogar wirtschaftlich schadet.

Der Entscheid über das individuelle Beziehungsleben und die Privatsphäre soll den einzelnen Menschen überlassen werden. Kein Mensch darf aufgrund seiner Wahl der Beziehungsform gegenüber einem anderen schlechter gestellt werden: Alle Beziehungsformen müssen durch das Gesetz gleich behandelt werden. Ein liberaler Staat gewährt der gelebten Vielfalt Raum, sich zu entwickeln und respektiert private Entscheidungen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, gewisse Lebensentwürfe gegenüber anderen zu privilegieren, er hat hier nicht reinzureden.

Flavia Kleiner
Co-Präsidentin